Jahresausblick 2021 der Deka-Volkswirte.

Eines ist sicher: Das Jahr 2020 wird einen prägenden Einfluss auf unsere Zukunft haben. Dies gilt sicherlich über das Geschehen an der Börse hinaus. Die Covid-19-Pandemie hat noch im Frühjahr die Aktienkurse in die Knie gezwungen und innerhalb kürzester Zeit stemmten sich Notenbanken, Staaten und Marktteilnehmer dagegen und wir erlebten einen nie dagewesenen Kursaufschwung.

Just in den letzten Tagen notiert der Dax auf seinem neuen Allzeithoch, andere Indizes haben ihm das bereits vorgemacht. Alles in allem also ein gutes Jahr für Aktieninvestoren. Doch wie geht es 2021 an den Börsen weiter?

 

Biden kommt, Merkel geht – Das bewegt 2021

Das neue Jahr fängt mit großen Veränderungen an: in der Politik, in der Wirtschaft und in Sachen Corona-Krise. 2021 hält so noch reichlich Unsicherheiten bereit – gibt aber auch Anlass für gesunden Optimismus.

Für rund ein Fünftel der Menschen ist schon jetzt ganz klar, was sie vom Jahr 2021 zu erwarten haben: Die Bullen stürmen voran. Und zwar genau ab Freitag, dem 12. Februar. Mit Feuerwerk und Familienfeiern beginnt an diesem Tag in China das Jahr des Büffels. Und dessen kraftstrotzender Bulle ist für 1,4 Milliarden Landsleute ein Symbol für unbeirrbaren Fortschritt durch harte Arbeit. So gesehen passt das Sternzeichen auch außerhalb des Reichs der Mitte zum Aufbruch in das neue Jahr. Denn die Bullen haben Konjunktur. Für den Deutschen Leitindex Dax erwartet Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der DekaBank, 2021 einen Rekord-Punktestand: „Wir rechnen bis zum Jahresende mit einem Anstieg auf 15.000 Punkte.“ Und auch an anderen Börsenplätzen sind die Aussichten grundsätzlich positiv – vor allem für Anlageklassen, die an Realwerte und deren Entwicklung gebunden sind. 

 

Erfolgreiche Immunisierung

Natürlich gibt es auch politische Unwägbarkeiten. Zum einen ist da der Brexit. Die deutsche Wirtschaft spürt bereits die Folgen. So sanken die deutschen Exporte auf die Insel von 89 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 79 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Vor vier Jahren war das Vereinigte Königreich der drittwichtigste Handelspartner, heute liegt es nur noch auf Platz fünf.

Eine zweite für Deutschland wichtige Änderung ist hausgemacht: Am 26. September 2021 wird ein neuer Bundestag gewählt. Wer im Spätherbst auf die scheidende Angela Merkel auf dem Kanzlerposten nachfolgt, bleibt länger ungewiss. Derzeit ist dabei noch am wahrscheinlichsten, dass wieder die Union den Kanzler stellen wird. Doch ob dieser Merz, Röttgen oder Laschet heißen wird – oder ob es mit Markus Söder als CSU-Kanzler ein Novum in der Bundespolitik gibt –, die Entscheidung fällt erst in den kommenden Monaten. Welchen Kurs die deutsche Wirtschaft unter der neuen Regierung letztlich einschlägt, wird dann für 2022 relevant.

Jetzt steht erst einmal 2021 an. Ein Jahr, das zu mehr Optimismus Anlass gibt als das zu Ende gehende. Vor allem zwei Ereignisse sind echte Gamechanger im Vergleich zum chinesischen „Jahr der Ratte“, das nun endet: Die Ära Trump ist vorbei – und für das Coronavirus gilt nach dem harten Shutdown bis Januar hoffentlich bald Ähnliches. Damit sind für Wirtschaft und Handel rund um die Welt zwei wesentliche Unsicherheitsfaktoren ausgeschaltet. Das eröffnet Raum für einen konjunkturellen Nachholbedarf – und entsprechende Kursdynamik.

In China hat der Aufschwung schon begonnen

Anleger von Moderna, Astra-Zeneca, Pfizer oder Biontech haben die Euphorie bereits in den Börsenkursen ablesen können. Diese Pharmafirmen sind besonders schnell gewesen bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen. In Großbritannien und den USA haben die ersten Impfungen gegen Covid-19 schon begonnen. Hunderte Millionen Immunisierungen werden in der ganzen Welt bereits im ersten Quartal folgen. Die Wirtschaft kann so ungehindert auf Wachstumskurs gehen. Die US-Wirtschaft wird nach der Deka-Prognose etwa Mitte 2021 wieder auf Vorkrisenniveau liegen, Deutschland im ersten Quartal 2022, Frankreich, Italien und Spanien folgen etwas später (Grafik oben).

Rückenwind für das exportstarke Deutschland gibt das ökonomisch längst genesene China. Nach dem totalen Lockdown im letzten Februar wird dem Reich der Mitte das Kunststück gelingen, schon 2020 beim Wirtschaftswachstum um rund 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zuzulegen. „China ist das einzige Land unter den großen Ökonomien, das auch in diesem Jahr gewachsen ist“, resümiert Laurence Boone, Chefvolkswirtin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Diesem Aufbruch nach dem Ausbruch ist es vor allem zu verdanken, dass auch im Rest der Welt zumindest in der Industrie die Nachfrage wieder angezogen hat. Die Börsenkurse haben diese Entwicklung bereits als klassischer Frühindikator vorgezeichnet. 2021 dürften sich die Aussichten weiter verbessern, denn mit dem Sieg über Corona werden auch einige der derzeit noch schwer gebeutelten Branchen ihr Comeback schaffen können. Beispiel Luftfahrt: Ein Passagierschwund um fast zwei Drittel hat den Umsatz der Airlines laut Fluglinien-Verband IATA um mehr als 400 Milliarden Dollar auf 270 Milliarden Euro abstürzen lassen. Die Verluste summieren sich 2020 auf geschätzte 100 Milliarden Euro. Selbst Marktführer wie die Lufthansa mussten unter den staatlichen Schutzschirm – und zudem 29.000 Stellen abbauen. Ähnlich Katastrophales gilt auch jetzt noch für die Touristik-, die Gastronomie- oder die Veranstaltungsbranche.

Doch mit den Impfstoffen naht auch dort voraussichtlich die Wende – und in vielen Bereichen massive Nachfrageschübe. Dazu kommt die Anziehungskraft globaler Großereignisse wie Olympia in Tokio, die Fußball-EM und Tausende weitere Festivals, Messen oder Konferenzen; sie alle sind 2020 verschoben worden. Mitte 2021 stehen die Chancen besser, dass Millionen Menschen zu den Veranstaltungen reisen werden. Davon können dann auch zyklische Werte wie etwa Ölkonzern Shell, Autobauer Volkswagen oder Chemieriese Bayer profitieren.

Die Volksrepublik dreht 2021 auf

Diese Wiederbelebung einer mobileren Weltwirtschaft verstärke sich gegenseitig, so die Deka-Experten. Sie rechnen deshalb für 2021 mit einer Wachstumsrate Chinas von sagenhaften 9,1 Prozent und im Euroraum von 4,9 Prozent – genauso wie in den USA. Starke Aufholeffekte – die aber meist noch nicht die Spitzenstände vor der Pandemie erreichen. In den USA hat der kommende US-Präsident Joe Biden angekündigt, dass er die Corona-Schutzmaßnahmen in seinem Land verschärfen werde. Aber zugleich soll ein großes Konjunkturpaket die Wirtschaft stützen und ankurbeln. Zudem gilt die designierte Finanzministerin Janet Yellen seit den Tagen ihres früheren Jobs als Notenbankchefin der USA als Anhängerin finanzpolitischer Stützungshilfen.

Biden wird internationale Akzente setzen

„Wie die Fiskalpolitik wird auch die Geldpolitik ihre Impulse eher später als früher zurückfahren, um die erlangten Stabilisierungserfolge nicht zu gefährden“, analysiert Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Dieser Trend dürfte weltweit 2021 weiter gelten – und noch auf Jahre zu Zinsen um den Nullpunkt führen: ein Konjunkturpaket für Realwerte wie Aktien, Unternehmensanleihen oder Immobilien.

Joe Biden wird zudem den handelspolitischen Konfrontationskurs seines Vorgängers Trump merklich abmildern. Gegenüber Europa wird der neue US-Präsident da in den ersten Monaten seiner Amtszeit noch mit ebenso kraftvoller wie gewohnt geräuschloser Unterstützung von Angela Merkel rechnen können. Europa und den USA liege wesentlich daran, kostspielige Handelsschranken wieder zu schleifen, sagt etwa Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission: „Wir setzen auf einen frischen Start in den Handelsbeziehungen mit den USA.“ Das dürfte zumindest die aufgezogenen Zoll-, Steuer- und Handelsschranken wieder etwas senken und einem leichteren Waren- und Dienstleistungsaustausch den Weg bahnen.

Einen Impuls hat auch der wirtschaftliche Rivale China jetzt gesetzt: Das im November geschlossene asiatische Freihandelsabkommen RCEP verbindet Staaten mit mehr als 2 Milliarden Menschen, einem Bruttoinlandsprodukt von etwa 14 Billionen Euro und rund 30 Prozent des Welthandels. „Der Abschluss des neuen asiatischen Freihandelsabkommens ist ein Problem für die neue Regierung Biden und ihre Handelsstrategie für Asien“, analysiert Ho-Fung Hung, Professor für Politische Ökonomie an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Gegen solche Dimensionen ist der Austritt des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Wirtschaftsraum im kommenden Jahr ein global eher unbedeutendes Ereignis. Die Märkte hätten sich weitgehend auf die neue Lage eingestellt, sagen die Deka-Experten.

Kraftspritzen für die Digitalisierung

Gegen die neue ökonomische Supermacht in Asien werden Europa und die Vereinigten Staaten verstärkt zusammenarbeiten – etwa beim 5G-Ausbau. Viele westliche Industrieländer haben etwa den Netzausrüster Huawei inzwischen beim Ausbau des superschnellen Mobilfunk-Rückgrats ausgeschlossen – ein Vorteil für Unternehmen wie Ericsson. Die Schweden haben denn auch ihren Gewinn im dritten Quartal bereits um mehr als 30 Prozent gegenüber Vorjahr gesteigert.

Zudem entfachen die Staaten der beiden Regionen im Zuge der Pandemiebekämpfung neue Dynamik bei den Megatrends Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die multimilliardenschweren Konjunkturprogramme in beiden Wirtschaftsräumen starten im Jahr 2021 mit klaren Schwerpunkten beim entsprechenden Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

Allein in Deutschland fließen 9 Milliarden Euro in die Förderung der Wasserstoffwirtschaft sowie 5 Milliarden in Forschung und Entwicklung künstlicher Intelligenz. Solche Kraftspritzen verleihen Unternehmen, die ihre Geschäfte in der virtuellen Welt tätigen oder sie dahin verlagern, einen Zusatzschub. Auch Branchen wie die Elektromobilität erhalten Rückenwind.

Und Nachhaltigkeit dürfte nicht zuletzt auch bestimmten Bereichen der Geldanlage einen Schub bescheren – die Ausrichtung an Ökologie, gutem Management oder Menschenrechten ist jetzt stärker in der Finanzwelt verankert: Am 10. März 2021 tritt die sogenannte Offenlegungsverordnung der Europäischen Union in Kraft. Nachhaltige Anlageprodukte werden dann noch transparenter und zeigen auf, welche sozialen und ökologischen Kriterien in den Fokus rücken und damit zum Erreichen von Umwelt­zielen beitragen. Die größere Transparenz bei Finanzprodukten erhöht auch den Druck auf die Realwirtschaft. Unternehmen, die wenig berichten und im Hinblick auf Umwelt und Soziales nicht überzeugend sind, werden es zukünftig schwer haben. „Wir werden den Druck auf Unternehmen deutlich erhöhen, sich im Sinne der Nachhaltigkeit zu transformieren“, sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate ­Governance bei der Deka.

Auch das wird dazu beitragen, dass Anleger mit ihrem Verhalten den Umbau der Wirtschaft beschleunigen und mitgestalten können. Ein Megatrend, der auch im Jahr des Büffels seinen Weg nimmt, unbeirrbar und mit Kraft.

 

Perspektiven für die Anlageklassen

Ausblick auf ein neues Jahrzehnt

Trotz aktueller Verschärfung sollte die Corona-Krise die Anleger im kommenden Jahr nicht mehr so sehr im Griff haben wie 2020. Dann rücken bestehende Megatrends wieder stärker in den Fokus. Die Niedrigzinsen bleiben allerdings, sodass am Investieren in Realwerte für Anleger kein Weg vorbeiführt. Dabei sind aber oft neue Mischungen gefragt.

Christoph Witzke ist Realist: „Die Impfstoffe machen noch lange nicht die ganze Wirtschaft und die Kapitalmärkte komplett immun gegen Corona.“ Zum einen rechnet der Leiter Anlagestrategie der Deka Investment zu Beginn des neuen Jahres mit einem anhaltend kritischen Infektionsgeschehen – und mit Einschränkungen der Wirtschaftstätigkeiten. Zum anderen aber werde das Comeback selbst nach dem Sieg über Corona auch keine „Aufwärtsbewegung wie am Schnürchen gezogen“ sein.

Schon gar nicht, wenn die Folgen für Aktien, Rohstoffe, Staats- und Unternehmensanleihen berücksichtigt werden müssen. Genau das ist das Tagwerk Witzkes. Der Experte sitzt dem zehnköpfigen Anlagekomitee der Deka vor. Die besten Köpfe aller Anlageklassen tagen dort regelmäßig mit ihren Kollegen der volkswirtschaftlichen Abteilung und des quantitativen Fondsmanagements – und entscheiden über die grundsätzliche Investmentstrategie für die Fonds des Hauses. Den Fondsmanagern geben die Experten die wichtigsten Leitplanken des Handelns in den nächsten ein bis drei Monaten vor. „Innerhalb dieser grundsätzlichen Ausrichtung handeln die Manager für ihr Produkt möglichst frei“, erklärt Witzke.

Daher sind die Anlagestrategen der Deka gedanklich schon weit im Jahr 2021 angelangt. Wie sind die Rahmenbedingungen für die verschiedenen Anlageklassen? Was sind die Megatrends? Wo liegen Schwerpunktregionen in der Welt? Wo könnte es aufwärtsgehen? Dazu analysieren die Experten Vorlaufindikatoren wie die Kreditnachfrage am Kapitalmarkt. Daten wie diese geben schon sehr früh ein Bild der ökonomischen Entwicklungen, schneller als klassische Konjunkturprognosen.

Bei Aktien haben Zykliker Nachholbedarf

Alle Experten sind sich einig – auch 2021 bleibt es dabei: Wer als Anleger nachhaltig eine positive Rendite erzielen will, muss an der Realwirtschaft partizipieren. Dies kann vor allem über den Aktienmarkt gelingen. Auch Witzkes Kollege Joachim Schallmayer sieht das so. „Kleinere Rückschläge sind vorprogrammiert, die Aufwärtsbewegung der Wertpapierkurse verlangsamt sich, bleibt insgesamt aber intakt und nach oben gerichtet“, sagt der Leiter Kapitalmarkt und Strategie bei der DekaBank. Der Mix aus verbesserten Wachstumsaussichten und gut unterfütterten Gewinnerwartungen spreche beim Vermögensaufbau in der Nullzinsdekade klar für Aktien, so Schallmayer.

Zumal die Erholung der Unternehmen deutlich dynamischer vorankommt. Die erste Corona-Welle hat nach der Analyse der Experten eher wie eine Naturkatastrophe als eine klassische Wirtschaftskrise gewirkt. Das hat die Gewinne der Unternehmen zwar viel schneller einbrechen lassen als in anderen Krisen, dürfte aber auch dazu führen, dass die Erholung wesentlich zügiger gelingt. 2021 werden sich nach Meinung der Fachleute vor allem die Werte erholen, die pandemiebedingt in diesem Jahr besonders gebeutelt wurden. Zyklische Aktien aus einigen Bereichen der Industrie, des Automobilbaus, des Tourismus oder Maschinenbaus waren große Verlierer der Krise – und haben dann Nachholbedarf. Die massiven Gewinneinbrüche klassischer Branchen mit Unternehmen des Grundbedarfs haben in der Corona-Rezession viele Papiere preiswert gemacht.

Überall Gewinner

Im zweiten Halbjahr werde dieser Aufholprozess schon fortgeschritten sein. Dann können externe Faktoren – wie etwa die Inflationserwartungen – die Notenbanken in der Zinspolitik wieder zum leichten Anziehen der Zügel bringen. Das aber könnte durch die leicht erhöhte Attraktivität von Anleihen auch bei den Aktien für kurzfristige Kursschwankungen sorgen. „Das haben wir im Blick – und bauen auf Einstiegschancen“, erklärt Witzke die Strategie langfristig orientierter Anleger. Denn dass Aktien weit besser als Anleihen laufen könnten, ist ungebrochen die zentrale Annahme.

„Vertrauen ist ganz wesentlich – und Vertrauen geben die Investoren“, sagt Witzke. Das war schon kurz nach Beginn der Pandemie klar zu erkennen, und es werde auch jetzt für den Erholungskurs der Unternehmen gelten. Weniger Kurspotenzial haben dabei die Titel, die 2020 als Sieger aus der Krise hervorgegangen sind: besonders die Technologieriesen wie Alphabet, Apple, Amazon oder Facebook.

Aber auch hier sehen die Experten keine grundsätzliche Korrektur der hohen Kurse. Sie dürften sich 2021 lediglich langsamer entwickeln als die Zykliker, die jetzt ihr Comeback feiern. Der langfristige Trend allerdings bleibe ungebrochen: Die Digitalisierung hat im Jahr der Lockdowns einen Innovations- und Nutzungsschub bekommen, der jetzt andere Unternehmen in diese Richtung zieht.

Das Gleiche gilt für den Megatrend der gesellschaftlichen Alterung, der inzwischen auch schon Schwellenländer wie die Volksrepublik China voll erfasst. Diese langfristige Entwicklung werde verstärkt Aktien von Pharmakonzernen befeuern – im Gleichschritt mit dem langsamen Anstieg der Zahl der älteren Menschen in vielen Ländern. „Solche Papiere sind dadurch ein Stabilitätsanker im Portfolio“, sagt Witzke. Besondere Langzeitwirkung entfaltet in der Anlageklasse Aktien der Megatrend Nachhaltigkeit. Deka-Stratege Witzke hat hier im Lauf der Jahre festgestellt: Firmen, die beim Streben nach ökologischem und ethisch verantwortlichem Wirtschaften sowie guter Unternehmensführung besonders aktiv sind, stechen Nachzügler bei der Nachhaltigkeit in der Kursperformance aus: „Bei diesem Trend sollte auch der Anleger dabei sein – und die Märkte dazu in ihrer ganzen Breite betrachten.“ Nachhaltig erfolgreiche Firmen gibt es fast in jeder Branche; dazu zählen beispielsweise Unternehmen, die sich auf klare Ziele zur Klimaneutralität verpflichtet haben.

Auch Anleihen im Blick behalten

Die Aktie bleibt generell des Anlegers Freund, denn die Niedrigzinspolitik wird auch das Jahr 2021 kaum Möglichkeiten für ein erfolgreiches Investieren in Staatspapiere stocksolider Länder bieten. Beispiel Deutschland: Die Deka-Volkswirte erwarten „in den kommenden 12 Monaten einen Gesamtertrag aus Bundesanleihen mit 2-jähriger Laufzeit von minus 0,96 Prozent, bei 10-jähriger Laufzeit von minus 1,81 Prozent“. Angesichts dieses Renditeniveaus lautet der Rat darum eher, mit einem Teil des Vermögens flüssig zu bleiben und auf Einstiegschancen am Anleihemarkt zu warten.

Das heißt aber nicht, dass Anleihen für Anleger uninteressant sind. Renditeperspektiven ergeben sich neben den Papieren von Staaten mit eher schwacher Bonität auch durch Anleihen, die von Unternehmen herausgeben werden. Deren Entwicklung ist dabei auch wieder an die reale Geschäftsentwicklung der Herausgeber gebunden. Die belastenden Effekte der Zinsseite können bei Unternehmensanleihen über einen höheren Kupon und sich weiter einengende Risikoaufschläge gut kompensiert werden. Witzkes dringende Empfehlung ist aber: „Breit mischen – und das möglichst von einem Profi.“

Denn Anleihen mit positiven Renditen nach Inflation und Steuern müssen mit Bedacht gewählt werden – und das deutlich über das Jahr 2021 hinaus. Das belegt eine Langzeitbetrachtung: Die Volkswirte der Deka haben schon einmal das Fernglas auf das Jahr 2030 gerichtet und ziehen daraus die gleichen Erkenntnisse wie die für das kommende Jahr, was Aktien und Anleihen anbelangt (Grafik unten).

Realwerte sind auf lange Sicht Renditebringer

 

Bei Immobilien bleiben Fragen offen

Ein großer Renner gerade in Deutschland war in den vergangenen Jahren die Anlage in Immobilien – ganz klassisch ins Eigenheim, aber durchaus auch in die Anlageklasse. Die Corona-Pandemie, Lockdowns und Homeoffice haben hier Fragen aufkommen lassen: Werden die Menschen nach der Pandemie aus dem Homeoffice wieder in gleicher Zahl in die Bürokomplexe zurückkehren? Wie attraktiv bleiben im Zuge fortschreitenden Online-Handels die Einkaufsstraßen? All diese Fragen bergen eine Ungewissheit für die Anlage in entsprechende Immobiliensegmente. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka, bleibt dennoch optimistisch: Erfahrungen aus früheren Krisen zeigen, dass viele Menschen nach deren Ende sehr schnell alte Gewohnheiten und Interessen wieder aufgenommen haben. Den abendlichen Kinobesuch, den Einkaufsbummel mit Freunden, Workshops, Messen und Meetings von Angesicht zu Angesicht.

Auch wenn es bei manchen Gewerbegebäuden vielleicht geringe Wertminderungen im Nachgang zur Krise geben werde: Die Ertragskraft gerade von Büroimmobilien sei weiterhin immens, so Kater. Die Auswirkungen einer gut zehnprozentigen Mindernachfrage nach Büroraum in Deutschland halten die Deka-Volkswirte „angesichts weiter intakter Trends hin zu Dienstleistungen und zur Urbanisierung für die deutschen Standorte für verkraftbar“.

Und nicht zuletzt wird das Ende von Corona auch bei Hotel- und Freizeitimmobilien auf mittlere Sicht eine nachhaltige Erholung einleiten. Bei Wohnimmobilien bleibt der Trend ohnedies ungetrübt positiv. Aktive Immobilienanleger werden aber wohl je nach Entwicklung ihre Lehren aus den Corona-Effekten ziehen – und die Mischung der Gebäudearten ändern.

Rohstoff Gold

Glänzend stand in diesem Jahr auch der Rohstoff Gold da. Für Experte Witzke bleibt das Edelmetall im kommenden Jahr eine kleine Beimischung wert – selbst wenn die Kursdynamik nicht an die aus der Krise heranreichen wird. Und auch die Volkswirte der Deka pflichten bei: „Mit einer auf Dauer expansiv ausgerichteten Geldpolitik und zunehmenden fiskalischen Elementen wird der Goldpreis auch in Zukunft gut unterstützt bleiben.“

Rohstoffe, das ist indes mehr als nur Edelmetall: Die Produktion in der Wirtschaft wird 2021 kräftig anziehen. Und damit auch die Nachfrage nach Industriemetallen. Für Rohstoffe wie Kupfer gibt es mit der zunehmenden Nachfrage nach Elektroautos sogar eine Sonderkonjunktur. Der Anleger muss genau aus diesem Grund nun allerdings nicht unbedingt Kupfer horten. Denn die Kursdynamik wird ja letztlich durch die Firmen bestimmt, die mit den Materialien arbeiten. Da könne der Anleger genau diese Aktien über gut gemixte Fonds auch gleich direkt erwerben, so Witzke. 

Bleibt zuletzt die Frage, welche Weltregionen 2021 besonderes Kurspotenzial entfalten. Die USA haben gerade auch 2020 sehr von der starken Entwicklung der Technologiewerte profitiert. Facebook, Apple, Amazon, Alphabet, Netflix und Microsoft, sie sind in den entsprechenden Indizes fast für die ganze Positiventwicklung verantwortlich. Mit dem verstärkten Interesse der Anleger an zyklischen Versorger- oder Chemie-Aktien könnte diese Dynamik jetzt abflachen – und damit auch die Attraktivität des US-Börsenmarkts.

Viele Experten sehen neben den dynamischen Schwellenländern darum nun auch Europa auf gutem Kurs. Denn hier haben einige Börsenplätze noch Nachholbedarf – und selbst die Belastung durch den Brexit wird dem Schwung der europäischen Realwerte im neuen Jahr nur wenig anhaben können. Auf mittlere Sicht werden sich die Beziehungen vertraglich normalisieren, so die Deka-Volkswirte. Unterstützung für Europas Unternehmen wird weiter die EZB geben, indem sie ihre Instrumente noch einmal ausweitet; „also noch mehr Liquidität bereitstellt für vielleicht noch günstigere Zinssätze oder aufgeweichte Kreditkonditionen“, so Kater.

Das ist grundsätzlich eine starke Hilfe für Europas Unternehmen – allerdings mittelfristig auch nur für die zukunftsstarken. Von denen gebe es auf dem Kontinent der Hidden Champions aber nach wie vor eine große Zahl, so Witzke. Aber die Politik des billigen Geldes halte gerade in Europa auch Firmen am Leben, die unter früher normalen Zinsbedingungen kaum noch kreditwürdig wären. Sie auszusortieren und gezielt in die Gewinner von morgen zu investieren bleibt auch 2021 eine zentrale Herausforderung.

Quelle: fondsmagazin.de