Wie kann ich mir eine Immobilie leisten?

eingestellt von Verena Wimmer am 2. Oktober 2017

 

Viele Menschen wollen mit einer Immobilie für das Alter vorsorgen. Ein Eigenheim oder ein Mietobjekt zu finanzieren, das ist eine große Aufgabe. Wir zeigen, wie sie sich bewältigen lässt und wann Sie Förderungen beantragen können.

 

Waldemar und Katharina Maul (32 und 28) wussten, wie weitreichend ihre Entscheidung war und mit wie viel Sorgfalt sie vorgehen mussten. Das junge Paar hatte sich Ende des Jahres 2016 dazu entschlossen, ein Haus zu bauen – für die zweijährige Tochter Leonie, sich selbst und den geplanten zusätzlichen Nachwuchs. Fragen hatten die beiden reichlich. Machen wir es bei der Finanzierung richtig? Gibt es Förderungen, die wir nutzen können? Haben wir etwas vergessen? Was ist, wenn wir krank werden?
Diese Dinge hat Jacob Wiedenmann den beiden beantwortet. Er ist der Sparkassenberater des Ehepaars. Wiedenmann kennt auch die Eltern von Waldemar Maul schon seit langem. Sie alle wohnten für lange Zeit im selben Ort namens Mochenwangen, einer 4000-Seelen-Gemeinde nahe des Bodensees. Wiedenmann war dort bei der Sparkasse als Filialleiter tätig, bevor er in die nächstgelegene größere Stadt Weingarten wechselte.

Es kommt auf die kleinen Dinge an
Aber nicht nur das Beantworten aller Fragen war wichtig. Wiedenmann ist auch so etwas wie ein emotionaler Anker: Ein wichtiger Termin mit der Kreissparkasse Ravensburg stand für Waldemar Maul an. Als er hörte, dass Wiedenmann verhindert war – er hatte sich vier Wochen Elternzeit genommen – , bestand Maul darauf, das Treffen zu verschieben und zu warten, bis sein Berater wieder zurückgekehrt war.
Diese Anekdote zeigt, wie wichtig auch die menschliche Komponente bei der Beratung ist – besonders bei so einem gewaltigen Vorhaben wie der Immobilienfinanzierung. Man macht so etwas oft nur einmal im Leben. Vertrauen spielt daher eine große Rolle. Eine seriöse Auseinandersetzung mit der Idee vom Eigenheim ist unerlässlich.

 

Die Sache mit den Raten
„Die Finanzierung planen wir von heute bis zum letzten Tag durch“, sagt Wiedenmann. Am Ende muss immer eine gute, nachhaltige Rate entstehen. Sie wird viele Jahre ein fester Bestandteil der Fixkosten sein. Dessen muss man sich bewusst sein und schon im Vorfeld die Kosten für Urlaube, Altersvorsorge und Versicherungen zur Immobilie bei der Festlegung der Rate berücksichtigen, rät Wiedenmann. Genauso wird Familienzuwachs und dessen Ausbildung zu späterem Zeitpunkt die Ausgaben deutlich erhöhen.
Grundsätzlich gilt: Je besser die Finanzierung durchdacht ist, desto mehr Sicherheit gibt es bei den Raten, rät Wiedenmann. Oft seien es mehrere Finanzierungsbausteine, die ins Konzept eingebaut werden. Dabei spielen auch staatliche Förderdarlehen eine Rolle – mehr dazu später. Für wen es passt, können auch kürzere Zinsbindungen für einen Teil der Finanzierung interessant sein. Dann fallen weniger Zinsen an.
Heute schon über die Restschulden nach zehn oder zwanzig Jahren nachzudenken, ist laut Weidenmann ebenfalls wichtig. Höhere Marktzinsen bei Darlehensverlängerungen können direkte Auswirkung auf die zukünftigen Kreditraten haben.
Wiedenmann empfiehlt, sich ehrlich zu fragen: „Muss ich mich für eine Rate von 1.000 Euro im Monat für lange Zeit einschränken?“ Als grober Richtwert können Sie überlegen, ob die Finanzierung rund ein Drittel Ihres Nettoeinkommens ausmachen würde. Darüber sollte der Betrag nicht liegen. Vor dem Finanzierungsgespräch sollten Sie noch mal einen gründlichen Kassensturz machen. Einen Ausgabencheck gibt es z. B. im Budgetplaner oder im Haushaltsbuch von geldundhaushalt.de.
Experten raten, einen Anteil des Immobilienpreises mit Eigenkapital zu bezahlen. Die LBS Bayern empfiehlt, dass dieser Anteil mindestens 20 Prozent betragen sollte. So hat es auch Familie Maul gehalten.

Das sind die Unterschiede bei den Krediten
Vorweg zur Erklärung: Raten, mit denen der Kredit zurückgezahlt wird, bestehen aus zwei Teilen: die Tilgung – das ist der Betrag, um den man die Schuld verringert. Und die Zinsen, die eine Bank für das Darlehen berechnet.
Häufig nehmen Menschen beim Hauskauf ein Annuitätendarlehen auf. Wer sich für diese Kreditvariante entscheidet, zahlt über die gesamte Kreditlaufzeit immer dieselbe monatliche Rate. Das gibt ein Stück Sicherheit für die Planung.
Beim Annuitätendarlehen berechnen sich die Zinsen immer am zu zahlenden Restbetrag. Und weil der Kredit kontinuierlich getilgt wird, sinkt der Betrag für die Zinsen immer weiter – eine größere Summe fließt dann in die Tilgung.
Beim Festdarlehen müssen in den Raten dagegen nur die Zinsen für den Kredit beglichen werden. Am Ende der Laufzeit muss der Kredit dann auf einen Schlag getilgt werden. Wer mittel- oder langfristig einen großen Geldbetrag erwartet, kann sich zu dieser Variante beraten lassen.
Die Lösung per Bausparvertrag sammelt schon im Vorfeld eines Kredites Geld für die eigene Immobilie an. Ist der vereinbarte Betrag zusammengespart, erhalten Sie Zugang zu einem Darlehen.

Bausparen und eine Förderung, die kaum jemand kennt
Der Bausparvertrag wird in vielen Fällen gefördert. Über die sogenannte Wohnungsbauprämie beteiligt sich der Staat mit einer jährlichen Zahlung an Ihrem Vertrag – mit bis zu 90,11 Euro, wenn man verheiratet ist, wie die Mauls. Auch über die weniger bekannte Arbeitnehmersparzulage kann gefördert werden. Dabei wird ein Betrag in Höhe von neun Prozent des bisher Angesparten gezahlt – das können bis zu 86 Euro pro Jahr sein.
Und wenn sich Ihre finanzielle Situation verbessern sollte, können sie die Wartezeit bis zur Zuteilung des Bausparvertrags auch mit einem Zwischenfinanzierungskredit beschleunigen. Der Kredit läuft dann in der Regel bis zum Zuteilungstermin des Bausparvertrages, also bis zum Moment, an dem man den großen Kredit für die Immobilie bekommt.

Kosten, die man schnell vergisst
Beim veranschlagten Preis des Eigenheims sollte noch ein Anteil hinzuberechnet werden, der weitere Kosten berücksichtigt. Das können Ausgaben für die Grunderwerbssteuer sein, Notarkosten und eventuelle Maklerkosten, aber auch das Bezahlen von fachmännischer Hilfe. Auch Honorare für den Architekten, die Baubegleitung und Erschließungskosten sowie eine Doppelbelastung durch eine Mietswohnung während der Bauphase sind einzuplanen.
Auch Eigenleistungen, die manche für ihr Haus einplanen, werden manchmal unterschätzt. Dabei sollten Sie nämlich die zusätzliche Arbeitsbelastung neben Ihrem Hauptberuf nicht unterschätzen. Und Sie müssen zudem die Materialkosten im Blick haben.

 

Was Sie bei den Zinsen beachten sollten
Das Thema mit den unvorhergesehenen Kosten ist damit jedoch noch nicht beendet. Denn Zinsen sind zwar derzeit niedrig. Wann sich das ändert, kann im Grunde aber kein Mensch voraussehen. Bei einem so langfristigen Projekt wie einer Immobilienfinanzierung sollte man deswegen eine Sicherung für diesen Fall einbauen.
Laut LBS Bayern kann ein Kunde das gegenwärtige Zinsniveau bis zum Ende der Finanzierung sichern, wenn er sie mit einem Bausparvertrag kombiniert. Auch sollten Sie darauf achten, dass der Preis für die Immobilie nicht unangemessen hoch ist. Denn durch das niedrige Zinsniveau ist es für viele Menschen möglich eine Immobilie per Kredit zu kaufen. Gleichzeitig versuchen viele Verkäufer das zu nutzen und verlangen besonders in den Metropolen höhere Preise.
Wenn Sie weitere Zinssicherungsinstrumente in die Finanzierung einbauen wollen, sollten Sie sich an Ihren Sparkassen-Berater wenden.

Ein Eigenheim zur Altersvorsorge lohnt sich
Waldemar und Katharina Maul sehen in ihrem Haus auch eine Altersvorsorge. Bis zur Rente werden die beiden die Darlehen voraussichtlich abbezahlt haben. Auch für das Vermögen ihrer Tochter und des geplanten zusätzlichen Nachwuchses soll dann gesorgt sein.
Dass sich der Weg des Ehepaars auszahlen wird, ist sehr wahrscheinlich. Eine Studie des Forschungs- und Beratungsinstituts Empirica fand heraus, dass Immobilienbesitzer im hohen Alter nur einem Armutsrisiko von rund fünf Prozent ausgesetzt sind. Mieter dagegen müssen mit einem Armutsrisiko von nahezu 40 Prozent rechnen, wenn sie über 65 Jahre alt sind. Als Armutsschwelle legten die Autoren der Studie den EU-Richtwert zugrunde und kommen dabei für alleinlebende Menschen auf 1.189 Euro im Monat. Wer drunter liegt, gilt als arm.

Noch mehr Förderungsmöglichkeiten
Das junge Paar entschied sich nach gemeinsamer Absprache mit seinem Berater für die Variante mit der Wohnriester-Förderung. Dabei legt man ein Wohn-Riester-Konto an und zahlt jährlich einen bestimmten Betrag ein. Wer zum Beispiel vier Prozent seines Bruttogehalts einzahlt, wird mit einer staatlichen Förderung belohnt. So kann ein Vorteil von mehreren Zehntausend Euro dabei herausspringen.
Für die Familie Maul hat Berater Wiedenmann zudem Fördermittel der KfW-Bank in die Finanzierung eingebaut. Die KfW oder Kreditanstalt für Wiederaufbau ist eine öffentlich-rechtliche Förderbank. Besonders für Menschen, die in der finanzierten Immobilie wohnen möchten oder sie gar neu bauen, wie Familie Maul, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ein Betrag von bis zu 50.000 Euro lässt sich zu günstigem Zins aufnehmen. Zudem ist der Kredit losgelöst vom Einkommen des Antragsstellers.
Der Neubau der Mauls steht später einmal als Einfamilienhaus in einem schönen Neubaugebiet von Mochenwangen. Der Estrich ist gerade gelegt worden. Bald wollen sie einziehen. „Es ist genau das, was wir wollten“, sagt Waldemar Maul.